In den Regalen stehen Kaffeemühlen mit Handkurbeln und andere Küchenutensilien, die heute im Alltag eher nicht mehr zum Einsatz kommen. Das hat hier allerdings keine ästhetischen Gründe, sondern ist der Zertifizierung des Wohnbereichs nach dem psychografischen Pflegemodell nach Erwin Böhm geschuldet, die gerade zum fünften Mal erneuert wurde.
Alle Mitarbeiter*innen werden regelmäßig darin geschult, die individuellen Bedürfnisse der Bewohner*innen zu erkennen und zu berücksichtigen. Hat ein Bewohner früher gerne Golf gespielt, so kann es helfen, eine Wand mit seiner Ausrüstung auszustatten. Hat jemand lange Jahre im Schwimmbad gearbeitet, so können Gegenstände, die ihn daran erinnern, aktivierend wirken. "Die Vorlieben unserer Bewohner müssen wir allerdings immer wieder überprüfen", erklärt Jennifer Huber, Pflegedienstleiterin im Vinzenz-von-Paul-Haus. "Bei demenziell erkrankten Menschen kann es sein, dass sich ihre Vorlieben ändern, dass sie sich irgendwann zum Beispiel nicht mehr im Erwachsenenalter befinden, sondern in der Kleinkindphase. Dann spielt der spätere Beruf keine Rolle mehr. Generell ist auch viel Interpretation dabei, weil die Hinweise auf die individuellen Bedürfnisse aus den Beobachtungen im Alltag und aus Gesprächen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern stammen und nicht von den Angehörigen."
Nicht alle Pflegekräfte sind für diese Art der Betreuung geeignet, aber diejenigen, die sich damit wohlfühlen können sich schwer wieder an eine andere Art der Pflege gewöhnen. "Ich würde nie wieder in einem Haus arbeiten, das nicht nach Erwin Böhm arbeitet", meint Jennifer Huber. Nachmittags werden im Erdgeschoss besondere Veranstaltungen angeboten. Das kann Eis essen gehen sein, kochen oder backen oder andere Unternehmungen. "Die Ausflüge zum Alteburger Markt führen wir inzwischen auch mit den anderen Abteilungen des Hauses durch", erzählt Eva Nadenau, Einrichtungsleiterin im Vinzenz-von-Paul-Haus. Zwar entsteht durch das Pflegemodell auch mehr Aufwand, aber der Erfolg gibt dem Vinzenz-von-Paul-Haus Recht. "Wir haben eine Warteliste mit Menschen, die gerne hier untergebracht werden möchten", erzählt Eva Nadenau.